Liebe Paten und Freunde der Kinder von Sindou,
Zurück aus einem etwas anderen Land. Nach der 7. Reise in das Dorf Sindou in Burkina-Faso könnte man davon ausgehen, dass es nicht viel Neues zu berichten gibt.
Trotzdem mache ich den Versuch, Ihnen etwas von dieser Reise zu erzählen.
Für die ersten zehn Tage wurde ich von Carmen Bauser begleitet. Sie spricht perfekt Französisch, ist sehr temperamentvoll und kontaktfreudig. So hatten wir 4 Koffer à 23 kg und konnten einiges an Geschenken mitnehmen.
Der Hinflug mit Brüssel Air war sehr komfortabel, was Platz, Essen und Getränke betraf. Die Sahara unter uns als endlos erscheinendes Sandmeer strahlte etwas von den Temperaturen ab, die wir zu erwarten hatten.
Nach der Landung keinerlei Zollkontrollen. Eine Nacht in Ouagadougou, dann Abfahrt mit einem Auto voller Koffer und Solarlampen. Aufgefallen beim Weg zum Frühstück ist mir eine Hinweistafel vor einer katholischen Kirche, dass diese nur mit hochgeschlossener Kleidung betreten werden darf. Das Auto wollte nach Bobo-Dialasso nicht mehr weiter, so dass wir dort übernachten mussten. Der allgegenwärtige Sand hatte die Benzinpumpe verstopft. Ein Abstecher zu den heiligen Krokodilen stand auf Carmens Wunschliste. Diese Tiere sind ganz zutraulich, man kann sie berühren und ist versucht, auf Ihnen zu reiten. Mit 10 Moskitonetzen ist auch der letzte freie Raum im Auto belegt.
In Sindou werden wir von Marcel, dem Burkinabé und Melanie, der Öschelbronnerin, empfangen. Bei unserer Begrüßungsrunde kommen wir bei Zacharia vorbei und er zeigt uns die Pläne vom neuen Nähzentrum. An eine Erweiterung war wegen der großen Nachfrage und der räumlichen Enge gedacht. Trotzdem war ich von der perfekten architektonischen Planung mit Kostenvoranschlag überrascht. Was mir organisatorisch sehr gut gefällt, ist die Tatsache, dass alles was man erwirtschaftet, reinvestiert wird in benötigte Materialien und Geräte. Auch bilden die Frauen, die nähen gelernt haben, die neu hinzugekommenen aus. Vergleichbar mit einer Lehre.
Mit dem Architekten selbst habe ich gesprochen und eine Toilette für notwendig gehalten. Er hatte dies, um zu sparen, weggelassen.
Wir werden zum Essen eingeladen und besuchen Frau Bado. Dort setzen wir die Diskussion auf anderer Ebene fort. Hier geht es um den Bau eines Waisenhauses und zunächst um einen Trinkwasserbrunnen mit einem ca. 10000 Liter fassenden Speicher. Wenn es nach mir geht, wird die benötigte Wasserpumpe mit Solarstrom betrieben. Da Wasser die Grundlage allen Lebens bildet und auch zum Bauen benötigt wird, hat der Brunnen Priorität.
Es ist Sonntag: ein Superreicher – auch das gibt es in Burkina-Faso – hat die Bäckerei und daneben ein Hotel gebaut, das wir besichtigen. Man zeigt uns einen unbeschreiblichen Luxus und das in Sindou, wo ein nicht geringer Teil der Bevölkerung um das Überleben kämpft.
In 2 ½ Stunden Kirche geht es sehr musikalisch zu. Die Aufgaben sind auf einige Mitarbeiter verteilt. Am Nachmittag Treffen mit dem Verein „Bons Samaritains“: Einziges Thema: Waisenhaus und Trinkwasserbrunnen.
Fahrt mit dem Moto Richtung Dinaoro, wo wir eine Schule mit Solarstrom versorgt haben und das Alphabetisierungszentrum für Frauen gebaut wurde. Für mich sind diese Fahrten eine Herausforderung, da es oft nur eine Motorradspur gibt und, wenn man diese verpasst, entweder tiefer Sand oder ein Graben wie in einem ausgewaschenen trockenen Flussbett auf einen wartet.
Schön, wenn man nach 7 Kilometern Fahrt die Solarpanelen auf der beleuchteten Schule sieht. Ca. 60-80 glückliche Schüler und je 2 Klassen in einem Raum, dankbare Lehrer.
Besonders überrascht war ich von dem Interesse der Frauen am Lernen. Da sitzen 35 Frauen teilweise mit ihren Säuglingen im Arm oder auf dem Rücken auf sehr bescheidenen Schulbänken und versuchen zu schreiben. Ein unglaublich buntes Bild, mit einer Lehrerin, die schon Erfahrungswerte in dieser Art von Unterricht mitgebracht hat. Die Grundlagen werden in Dula gelegt, um darauf aufbauend in Französisch überzugehen.
Man muss die Begeisterung erlebt haben, als ich zum Abschied noch eine Spende der EMK Öschelbronn überreichte. Eine meiner Fragen, ob ihre Männer Bildung dieser Art akzeptieren, wurde eindeutig mit ja beantwortet. Auf der Rückfahrt haben wir Reis, Henne und Hahn als Dank mit dabei. Auf dem Montagsmarkt in Sindou treffe ich einige Patenkinder und lasse sie T-Shirts kaufen.
Nach der Fahrt zum Stausee, aus dem für die, die Geld haben, Wasser und Strom kommen, halten wir in Duna, um Bekannte zu treffen und den Durst mit Dolo (Hirsebier) zu stillen.
Am Abend verteile ich die gebrauchten Computer an Zacharia, Mme Bado und den Rektor der Grundschule, einer freut sich mehr als der andere.
Heute Fahrt nach Sindou-Koroni: Treffen die Lehrer und verteilen Solarlampen an die neuen Patenkinder. Immer wieder erstaunt mich die Sauberkeit in den abgelegenen Dörfern. Warum funktioniert das nicht auch dort, wo mehr Menschen leben? Auch das wäre eine Aufgabe der Lehrer, damit anzufangen. Sehr dankbar sind die Mütter für die Kinderkleider, die ich jedem persönlich anpassen lasse.
Jetzt wollen wir für unsere Patenkinder etwas tun, beschriften die Sportbeutel mit Nummern, suchen die vom Schneider gefertigten Kleider dazu, die Geschenke, die T-Shirts, die Zuwendungen für die Familie, Patenbriefe, einen Kugelschreiber und für einige von den Älteren eine Uhr. Es hat über 40° und es ist beruhigend, Schweißperlen auf der schwarzen Haut zu sehen.
Bei sehr klarem Wetter unternehmen wir eine Tour zu den „Pics de Sindou“. Dieser Anziehungspunkt wird leider nur ganz selten von Touristen besucht. Jedes Jahr ist es für mich ein Höhepunkt, die Vielgestaltigkeit dieser Felsformationen zu bewundern.
Die Animisten (Naturreligion) feiern im Dorfzentrum ein Begräbnis auf ihre Art mit Masken, Musik und einem Umzug.
Auf der Fahrt nach Banfora besuchen wir mein neues Patenkind. Salimata ist 17 Jahre alt, lebt in einer Gastfamilie unter für mich unerträglichen Umständen. Sie möchte wieder nach Sindou, doch ein Wechsel ist am Ende des Schuljahres möglich. In ihrem Klassenzimmer herrscht eine bedrückende Enge, so dass wir der Lehrerin die Anschriften der deutschen Organisation ASAO geben, die im Jahr bis zu 40 Schulen baut.
Die Besichtigung einer Solarbrunnenanlage ist erschreckend. Nichts funktioniert mehr, Panelen fehlen und die Quelle wächst zu…
Die Kinder aus Grund- und Hauptschule besuchen uns, holen ihre Geschenke (ich fotografiere) und sind von uns zum Essen und Trinken mit Ballavon-Musik eingeladen. Jeder erhält Kuskus mit Fisch und eine Fanta. Etwa 20 Kinder von den umliegenden Dörfern müssen mit Motos gebracht werden, auch die werden bewirtet.
Auch wir werden wieder beschenkt mit Gemüse, Reis, Hühnern und einem Schafbock aus Sindoukoroni. Nach dem Essen erleben wir 70 zur Ballafonmusik tanzende Kinder im Sand. Nach den Kindern – es ist inzwischen Nacht – kommt die Dorfjugend zum Tanz. Es wird Mitternacht und ist für meine Ohren sehr laut, so dass ich auf einem Spaziergang einen Mann treffe, der im Schein der Lampen Bienenkörbe aus sehr vielen Holzstäben baut, die mit Schafsmist abgedichtet werden.
Bei Bados erlebe ich einen Menschen vom Sozialministerium, der tausend Fragen stellt, das Baugelände besichtigt und Frau Bado zur Auflage macht, noch bevor das Heim gebaut wird, Waisenkinder aufzunehmen.
Was im Rückblick leider nicht funktioniert hat, obwohl ich es schon Wochen vor meinem Abflug als absolute Notwendigkeit dem Solo mehrfach vorgetragen hatte, ist die Tatsache, dass keines von den kleinen Patenkindern, die kein Französisch lesen und schreiben können, und deren Eltern dazu noch Analphabeten sind, die Patenbriefe vor Ort übersetzt bekam.
Um das Areal von Solo etwas grüner und farbiger zu gestalten, kaufe ich verschiedene Pflanzen und lasse sie vor den Mauern einpflanzen.
Wieder sind wir unterwegs, diesmal nach Tourny mit 5 Moskitonetzen und 5 Solarlampen.
Eine unbeschreiblich anstrengende Fahrt für einen Menschen wie mich, mit gebrochenem Wirbel. Wir kommen doch nach ca. 2 Stunden an und finden die nächsten Patenkinder und das Kollegium der Schule. Das Besondere auf der Rückfahrt: ich muss zu Fuß ein Flussbett durchqueren, da die Brücke zerstört ist. In den Restaurants in Banfora kann man flaschenweise Ingwersaft kaufen. Gemischt mit Wasser ein sehr guter Durstlöscher. Nach der Ankunft wieder in Banfora kaufe ich für Patenkinder 2 Fahrräder, Gemüse und Früchte für die Küche.
Der Schule in Dinaoro bringen wir 40 Schulbücher (finanziert werden diese vom Staat nicht) und der Grundschule überreiche ich den Betrag von der Öschelbronner Schule. Über die Jahre hat sich eine Art Patenschaft entwickelt, die sehr dankbar ankommt. Für den von uns finanzierten Küchenanbau lasse ich 2 Fenster bauen, da die Lüftungsschlitze nicht ausreichen. Die Familie eines Patenkindes erhält den Schafbock und Unterstützung für die Gründung einer Schafzucht.
Die Schneiderin vom Nähzentrum zeigt mir ihre letzten Kreationen in Form von sehr dekorativen Tüchern, mit denen die Mütter ihre Kinder tragen. Jeder erwirtschaftete Cent wird in das Zentrum reinvestiert.
Nach dem gemeinsamen Essen mit den Jüngeren startet heute, wie von mir gewünscht, die Ausfahrt mit den Gymnasiasten zu den Wasserfällen. Zwei Kleinbusse bringen ca. 60 Schüler zu dem 70 km entfernten Wasser.
Für einige zunächst ein Schock, da sie noch nie in ihrem Leben so viel Wasser in Bewegung erlebt haben. War jedoch die erste Überraschung verkraftet und einiges an überflüssigen Klamotten abgelegt, konnte das ganz große Vergnügen, im wohltemperierten Wasser zu planschen oder sich abduschen zu lassen beginnen.
Nur einer von 60 Schülern kann schwimmen. Auch das Picknick am Wasser mit reichlich belegten Baguettes war ausreichend. Das Ganze ist für alle Beteiligten ein super schöner Tag gewesen. Überrascht war ich auch hier, von dem ausgesprochen disziplinierten Verhalten der Schüler.
Solo nimmt mich mit zum 35 km entfernten Fest der Animisten. Es fließt sehr viel Opferblut der Tiere und ich bin dabei, wie manche Menschen in einem besonderen Ritual gesegnet werden.
Ohne Wasser hätte ich frühzeitig die Hautfarbe der Einheimischen, da die Staubschicht auf den Lateritstraßen permanent zunimmt.
Bei meiner Abschiedsrunde gebe ich die restlichen Kinderkleider an Bedürftige weiter. Solo hat einen Plan für eine Art Internat bei einem Architekten in Auftrag gegeben und legt ihn mir vor. Das Ganze ist gedacht für die Schüler, die zu weit außerhalb wohnen, um täglich in die Schule (Gymnasium) gehen zu können. Er stellt das Gelände mit Wasseranschluss kostenlos zur Verfügung.
Beim Ordnen der Dankesbriefe und Zeugnissen fällt auf, dass viele noch fehlen.
Die 2½-tägige Rückreise mit verschiedenen Bussen und Flugzeugen verläuft reibungslos.
Nicht zuletzt ganz herzlichen Dank für Ihre Hilfe und Unterstützung, ohne die ich in Sindou nichts bewegen könnte. Neben den Kindern, den Menschen und den Schulen versuchen wir für das Nähzentrum, das Waisenhaus und das Internat unser Möglichstes zu tun.
Mit freundlichen Grüßen
E. und S. Straub