Liebe Paten und Freunde der Kinder von Sindou,
von meiner Reise nach Burkina-Faso zurück, versuche ich mich hier zu akklimatisieren. Wir hatten dort zwischen 35° und 40° Celsius, sodass die -5°C einen wirklichen Kontrast darstellen. Da ich dankenswerter Weise in der ganzen Zeit keinerlei gesundheitlichen Probleme hatte, fällt mir die Umstellung nicht sehr schwer.
Ich möchte versuchen Sie in Form eines Tagebuches mit auf die Reise zu nehmen:
18. Jan 2013
Flug von Stuttgart über Paris nach Ouagadougou mit Zwischenlandung in Niamey (Niger). Dort Empfang durch Frau Kässler und Johannes. Er hatte den zweiten Koffer mit 23 kg Geschenken nach Ouagadougou gebracht.
19. Jan 2013
Abfahrt nach Banfora. Der Bus verpasst den Anschluss in Bobo Dioulasso. So sind wir 12 Stunden in öffentlichen Bussen unterwegs und zu spät um die Herren Simonis und Krieger vom „Solidaritätskreis Westafrika“.
20. Jan 2013
Kurz vor der Abfahrt zur Einweihung von zwei Schulen, treffe ich die Gruppe vom „Solidaritätskreis Westafrika“. In einer 6-stündigen, unglaublich anstrengenden Fahrt mit dem Pick-Up über normalerweise nicht befahrbaren Pisten fahren wir zu den Schulneubauten. Viele Reden, Musik, Tanz, Essen und Ehrungen.
21. Jan 2013
Wir haben Glück, dass uns Herr Simonis und Herr Krieger auf dem Weg zu einer Einweihungstour in Sindou absetzen. Wir sind angekommen! Besichtigung des Gymnasiums und des von uns finanzierten Trinkwasseranschlusses. Das Gymnasium benötigt dringend ein zusätzliches Gebäude – bei Klassenstärken bis 110 Schülern. Beim Gang durch den älteren Teil von Sindou fällt auf, wie viele Hütten in der letzten Regenperiode total zerfallen sind.
22. Jan 2013
Besuch bei einigen Familien der Patenkinder. Kaufe beim Schmied 5 Sparöfen, die wir später mit Solo an ältere Frauen übergeben, die nicht mehr in der Lage sind, selbst Holz zu sammeln und so nur einen Bruchteil an Heizmaterial benötigen. Wir fahren mit Motos zum 9 km entfernten Markt und suchen dort den Stoff für die Kleider der Kinder aus. Unseren Durst stillen wir mit Hirsebier (Dolo).
23. Jan 2013
In den Nächten kampiere ich auf einer Matte im Hof unter einem Moskitonetz. Der Mond und die Sterne sind wunderschön, wenn der Harmattan (ein Wüstenwind mit Sand) nicht bläst. Für meine Postkarten mit Bildern von Sindou (die ersten in der Region) bestelle ich beim Schreiner Regale, sodass gleichzeitig der Grundstock für eine Schülerbibliothek möglich ist. Frau Kässler spendet die verfügbaren Schulbücher und das notwendigste für eine Erste Hilfe-Apotheke. Wir besichtigen die Grundschulen, erleben eine Gymnastikstunde im Freien und die Schülerspeisung am Mittag.
24. Jan 2013
8:00 Uhr – Empfang der Patenkinder aus Grund- und Hauptschule. Ca. 30 holen ihre Geschenke ab. Einzelgespräche sind möglich, zu Themen wie Gesundheit, Schule, Familie, usw. Bei der Frage nach Moskitonetzen verneinen erschreckend viele. Ich bestelle 30. Ich zeige Bilder von unserem Winter und erzähle ein wenig.
16:00 Uhr – Die Patenkinder vom Gymnasium holen ihre Geschenke ab. Fast alle 60 Geschenke sind vergeben. Neben guten Gesprächen sind alle zum gemeinsamen Essen am Samstag eingeladen. Wir erleben eine Hochzeit bei der die Braut in einem Himmelbett auf den Köpfen junger Männer, mit viel Musik und Tanz, durch das Dorf getragen wird. Ein Gang durch das eng verwinkelte Sindou bei Nacht ist auch mit Taschenlampe ein besonderes Erlebnis.
25. Jan 2013
Weil ich zu den Frühaufstehern zähle, hole ich beim Bäcker 10 kleine Baguettes für 500 CFA (ca. 0,85 EUR). Mit dem Lehrer Solo verteilen wir 4 von 6 Solarlampen. Zwei davon bringen wir Peul-Familien. Sie leben weit außerhalb des Dorfes. Die Patenkinder und die unglaublich arme Familie sind sehr sympathisch. Eine Frau mit 5 Kindern, deren Mann bei einem Busunfall starb, unterstütze ich mit einem Geldbetrag. Auch dies, nach Rücksprache mit Solo.
26. Jan 2013
Um 6:00 Uhr Aufbruch zu einer Wanderung in die Wunderwelt der Pic de Sindou, jene Felsformation derentwegen wir das erste Mal nach Sindou kamen. Wir treffen keinen Menschen. Am Nachmittag kommen alle 60 Patenkinder zum gemeinsamen Essen. Eine große, unförmige Tafel, vor den Kindern ein Teller Couscous mit Hähnchen und ein Getränk nach freier Wahl. Ein sehr schönes, harmonisches Fest, eingeleitet mit gemeinsamen Gesang. Jeder wird satt. 15 Hühnchen haben nicht überlebt.
Bei Einbruch der Dunkelheit erscheint das Balafon-Orchester mit 4 Mann. Sie machen Musik bis nach Mitternacht und die Dorfbevölkerung , vor allem die Jugend, tanzt barfuß im Sand. Unglaublich was sie mit ihren Beinen können. Großen Beifall erhält man schon bei stümperhaften Versuchen.
27. Jan 2013
Wir alle fahren mit dem Bus nach Banfora, der nächsten Stadt. Ich kaufe Medikamente für mein krankes Patenkind Koro. Hausapotheke und Schulbücher, auch einige Wandspiegel erstehen wir. Fünf neue Fahrräder, die bei Solo bleiben und als Leihräder jedem zur Verfügung stehen, bringen wir nach Sindou. Dort arbeitet der Schneider an den Kleidern für die Kinder. Die Weberin hat Termiten in den Wänden, sodass sich in den Hohlräumen Schlangen aufhalten, die sie nachts neben ihrem Bett findet. So hat eine Cobra ihre Küken gefressen und die Henne getötet.
28. Jan 2013
Die neuen Räder müssen zum Mechaniker. Sie kommen aus China und nirgendwo findet man Werkzeug. Wir übergeben die restlichen Solarlampen an die Familien. Es ist etwas ganz besonderes und die ganze Nachbarschaft schaut zu.
29. Jan 2013
Die Schule beginnt um 7:00 Uhr. Ich gehe mit den Schülern zum Gymnasium. Die Fahne von Burkina Faso wird ohne Gesang oder Ansprache gehisst. Sehr disziplinierte Schüler. Doch Klassen mit über 100 Schülern. Die Trinkwasserleitung funktioniert. Sie wird auch von anderen Schülern benutzt. Schön zu sehen, wie unser Beitrag angenommen wird.
Ich finde zum ersten Mal die Apotheke des Dorfes. Man hat dort eine gute Auswahl an Medikamenten, soweit ich das beurteilen kann. Der Apotheker ist Christ nd auf meine Frage, wie er mit Kranken umgeht, die kein Geld haben, zeigt er mir seine Buchführung. Da hat ihm ein Mann aus Burkina für solche Fälle einen Betrag zur Verfügung gestellt, mit dem er ganz exakt abrechnet. Nach Rücksprache mit Einheimischen und täglichen Besuchen, überlege ich mir auf diese Weise den armen Kranken zu helfen.
30. Jan 2013
Kalte Nacht. Bin bei der Post und sehe dort mein drittes Päckchen. Es war 4 Monate unterwegs. Ich hatte es abgeschrieben. Neu für mich ist, dass man mit Western Union Geld nach Sindou schicken kann.
Beim Besuch eines zweiten Campingplatzes erzählt mir der Besitzer, dass er 50 Kinder beherbergt und versorgt. Er setzt sich auf für verschiedene ökologische Projekte ein. Ich staune, auch das gibt es in Sindou. Am Abend kommt die alleinstehende Mutter eines Patenkindes und bedankt sich.
31. Jan 2013
Warte auf die Kinder, damit ich nach einer Liste die Moskitonetze verteilen kann. Der kleine Schulwebrahmen wird von der Weberin danken angenommen. Sie hat zu ihren drei eigenen, 5 Kinder angenommen und bringt den Mädchen das weben bei.
01. Feb 2013
Fahrt zum Töpferdorf Kauara. Das Moto schwimmt im Sand. Nur die Frauen töpfern. Sie machen alles.
Sehen zum ersten Mal einen Raum für die alte Menschen. Sie liegen auf Teppichen am Boden. Das Dorf hat ein großes Wasserproblem. Die Brunnen sind am versiegen. Aus 25 Metern Tiefe holen die Frauen in der Nacht um 3:00 Uhr Wasser.
02. Feb 2013
Alleinstehende Frauen mit Kinderkleidern versorgt. Mit dem mitgebrachten Akkubohrschrauber Spiegel, Regale, Ablagen und vieles mehr in den Campinghütten befestigt.
03. Feb 2013
5:30 Uhr Fahrt mit dem Moto auf Sandpiste nach Kankalaba zum Fest der Animisten. Dort sehen wir Masken, Fetische, sakre (Heilige) Objekte, einen Naturheilraum und vieles mehr. Es werden unendlich viele Hühner, eine Ziege und ein ausgewachsener, schwarzer Ochse geopfert. Das Blut geht in die „heilige“ Stätte, den Fetisch. Noch nie habe ich so viel Blut gesehen. Kaufe Solo, vor dem Opfertot, einen Hahn ab, um ihn an eine Familie, als Basis zur Aufzucht, weiterzugeben.
04. Feb 2013
Wir fahren von Sindou ab und werden von einigen netten Menschen verabschiedet. 12 Stunden Busfahrt.
05. Feb 2013
Im Handwerkerzentrum von Ouaga finde ich eine Holzskulptur. Wir fahren nach Süden um bei Pô, an der Grenze zu Ghana, den Nationalpark zu besuchen.
06. Feb 2013
Mit einer uralten Klapperkiste von Pick-Up sind wir 8 Stunden unterwegs, sehen Elefanten aus nächster Nähe, Gazellen, Warzenschweine und sehr viele Vögel.
07. Feb 2013
Fahrt nach Tabele, einem Dorf mit sehr schön bemalten Lehmbauten. Unweit des Dorfes wird nach Gold gegraben. Alles viel größer und nicht weniger unmenschlich als das, was ich im letzten Jahr gesehen hatte. Ein versöhnlicher Abschluss des Tages war die Chorprobe vor einer Kirche.
08. Feb 2013
Rückfahrt nach Ouaga. Besuch bei Schlingensiefs Operndorf. Dort wird an einem Krankenhaus gearbeitet, nach den Plänen von F. Kéré.
09. Feb 2013
18-stündiger Rückflug über Paris.
Mit freundlichen Grüßen,
Siegfried Straub